Ab, in die Mitte!
Gipfel-, besser: Wurzeltreffen der besonderen Art
Was passiert, wenn zehn Köche auf einen Gärtner treffen?
Junges Gemüse kommt dabei ganz groß raus! Unter dem Motto „Unbekannte Dimensionen eines bekannten Gemüses“ haben sich im Oktober 2019 zehn Spitzenköche aus ganz Deutschland mit einem Profi des Gartenfachs zu einem Gipfel-, besser: Wurzeltreffen der besonderen Art verabredet. Der neue Star auf ihrer Bühne stand bisher eher selten im Rampenlicht: die Möhre. Zeit, dass das Wurzelgemüse seinen Auftritt in der Tellermitte feiert!
Trends können einem ja manchmal schon nach kurzer Zeit auf den Zeiger gehen. Ein fancy neuer Name für einen alten Hut macht noch lange keine Food-Revolution, und bei manchem neuen Produkt ist der Weg von „fleischlos“ zu „genussarm“ manchmal leider nicht allzu lang. Muss aber überhaupt nicht sein. Die Entwicklung hin zu mehr pflanzlichen Produkten auf dem Teller ist wichtig, gut und vor allem kulinarisch spannend. Zeitgeist, Klimaschutz und Wareneinsatz sind die Killerargumente. Und der Gaumen? Wenn das Gemüse mit dem Fleisch das Krönchen tauscht und vom Rand in die Tellermitte rutscht, sind Kreationen gefragt, die den Geschmacksknospen ein lautes „Yeah!“ entlocken. Sollen wir mal?
„Ich würde gern zu dem Punkt kommen, an dem wir die Möhrensorten so selbstverständlich auf der Speisekarte nennen wie die Rinderrassen.“
Es geht schon damit los, dass jede/r von uns sein kleines Fleisch-1x1 quasi im Schlaf beherrscht: Wie bekommt das beste Rind das zarteste Fleisch, wo wächst es auf, wo bekomme ich es her, wo ist sein perfekter Garpunkt …? Das gehört zum soliden Handwerkszeug. Doch mal ganz ketzerisch gefragt: Wie bekommt die beste Möhre ihren zartesten Geschmack, wo wird sie angebaut, wo bekomme ich sie her, und wo ist ihr perfekter Garpunkt? Na, erwischt? „Gemüse wird mehr und mehr zum neuen Star auf den Tellern. Dabei ist ein Großteil seines Potenzials noch weitestgehend unbekannt“, so Jörg Reuter von der Strategieberatung GrüneKöpfe. Weil Wurzelgemüse bislang hauptsächlich die zweite Geige auf dem Teller gespielt hat, sind die delikaten Details, die eine Karotte zu einer „Mmmmöhre!“ machen, bislang eher Nebensache gewesen. Doch genau im Detail liegt der Genuss: Sorte, Herkunft, Anbau, Frische und Zubereitung sind die „magic five“, die aus normalem Wurzelgemüse eine Geschmacksentdeckung machen. Vorhang auf!

Special Squad: Mission #möhre
Bei unserem Genussgipfel haben die zehn SpitzenköchInnen aus Sternegastronomie, Großküchen und klassischen Betrieben eine Degustation von 20 Möhrengerichten veranstaltet und jede ihrer Kreationen zur gemeinsamen Geschmacksdiskussion freigegeben. Zu diesem Special Squad gehörten u. a. Ricky Saward vom Seven Swans in Frankfurt am Main (eines von nur zwei vegetarischen Sternerestaurants in Deutschland), Jochim Busch vom Restaurant Gustav in Frankfurt am Main, Christoph Hauser vom Berliner Restaurant Herz & Niere sowie Benedikt Faust aus dem Kuno 1408 im Hotel Rebstock in Würzburg.

Und das Fazit des Tages:
Wer das gesamte Potenzial von Gemüse jenseits von „kenn ich schon“ und „haben wir immer so zubereitet“ haben will, muss sein Können neuem Wissen, neuen Techniken gegenüber öffnen. KöchInnen und GärtnerInnen müssen sich dafür gegenseitig austauschen und pushen. Denn, was dem Koch an Produkteigenschaften vorschwebt, kann ihm der Gärtner möglicherweise züchten. Und was der Gärtner über die Möhre weiß, verändert ihre Zubereitung und Inszenierung auf dem Teller
The saga continues. Ein möglicher weiterer COOKTank findet im Mai oder Juni 2020 statt, sobald die Gemüsesaison beginnt. Im Rampenlicht dann: Kohl. Kennt ihr schon, meint ihr? Dann wartet mal ab, bis ihr von uns so richtig „verkohlt“ werdet!